THEMA:
GEWALT
Wie kann einem die Hand ausrutschen?
Der Focus titelt mit 45 Frauen, „die ihr Schweigen brechen“ …und meint damit Frauen, die Opfer sogenannter „häuslicher Gewalt“ geworden sind. Die Tagesschau am Wochenende veröffentlicht eine Studie, die belegt, dass „jeder dritte junge Mann“ Gewalt gegen Frauen „akzeptabel“ findet. Kamala Harris benennt diese Tage als Todesursache Nr. 1 für Kinder in den USA „Gun violence“ …und SIPRI meldet, dass sämtliche Atom-Mächte wieder heftig aufrüsten. Etliche Staaten, die in der jüngeren Zeit dem NATO-Bündnis beigetreten sind, werden von Frauen geführt - und Mädchen absolvieren inzwischen häufiger Studium, Schule und Lehre als ihre gleichaltrigen männlichen „Konkurrenten“. In Deutschland hat inzwischen mehr als jeder vierte Mensch einen Migrationshintergrund. Und könnte das alles irgendwie zusammenhängen, frage ich mich… bevor ich diese Frage an die Leserinnen und Leser weitergeben möchte.
Auf der einschlägigen Webseite „Väter ohne Rechte“ äußern sich sogenannte entsorgte Väter ziemlich wütend über die benannte Titelstory der Boulevardzeitung Focus. Dieses Magazin hatte einmal den Anspruch, ein Nachrichtenmagazin zu sein. Bei Gründung wollte man mit dem „Spiegel“ und der „Zeit“ in einem Atemzug genannt werden. Inzwischen liegt diese Zeitung eher auf dem Niveau zwischen „Stern“ und einigen Erzeugnissen aus dem Hause „Springer“. Dennoch habe ich mich kritisch mit den Äußerungen der online so echauffierten Männer auseinandergesetzt. Ich habe sogar zwei Tage versucht, mit den Herren sachlich zu diskutieren. Dabei haben diese Herrschaften die interessante These vertreten, dass „Opfer gleichzeitig auch Täter“ sind. Unter sich vertrat man wechselseitig die Auffassung, dass „die Frauen quasi selbst Schuld sind, wenn sie Prügel beziehen“. Meine Argumente dagegen, haben die dortigen Wortführer eher belustigt. Auch auf ähnlichen Seiten im Bereich Social media wird diese Meinung offensiv vertreten, dass „Frauen quasi nur mit Gewalt einzuschränken sind“. Wenn ich einige Zeit noch gelesen habe, wie sehr aus einem gewissen Spektrum an Mitmenschen, diese jegliche Schuld auf Asylbewerber abwälzen konnten, scheinen aktuell jugendliche Klimaschützer und vor allem Frauen, die gesellschaftlichen „Dummen“ zu werden. Geschiedene oder getrennt lebende junge Männer mit Migrationshintergrund finden hier eine Allianz mit mutmaßlich bildungsferneren deutschen jungen Männern. Dabei zeigt sich bei genauerer Betrachtung der Profile, dass „jung“ relativ sein könnte…
Die Düsseldorfer Altstadt hat seit kurzem eine sogenannte Waffenverbotszone, konnte ich heute im Radio hören. Also, mit anderen Worten, darf „ich“ bei IKEA und im Feinkostladen in der Landeshauptstadt meine Schnitz-Utensilien dabei haben, müsste die allerdings unweit vom Rheinufer an den entsprechenden Kontrollstellen abgeben, habe ich der Meldung entnehmen können. Es sind demnach mehrere Schusswaffen, Teleskop-Schlagstöcke und über 35 Messer sichergestellt worden, binnen weniger Stunden an diesem überschaubar kleinen Ort, höre ich weiter. …Sofort muss ich denken, wie ängstlich und feige doch der junge Deutsche oder aus dem Ausland stammende Mann sein dürfte, wenn er zwar ohne Kondom und Erfrischungstuch aus dem Hause gehen kann - allerdings massenhaft offenbar das Messer zum selbstverständlichen Handgepäck mitführen muss. Als wenn Mann die mögliche Gewalt quasi erwartet oder herbeisehnt, in der man - ähnlich dem Inventar eines Onlinespiels - aus der Tasche die passende Waffe dabei hat. Aber eben wie in dem Online-Spiel ist das kein Zufall, sondern gehört zum Kalkül, nach meiner Meinung. Das finde ich sehr alarmierend.
Wenn nun die möglicherweise zukünftige Präsidentin der USA, derzeitige Vize-Präsidentin, Kamala Harris eine sehr emotionale Kampagne startet, um in ihrem Land auf die schwachen Waffengesetze hinzuweisen, sehe ich eine Entwicklung dort, die ich als Vater meiner Kinder nicht haben wollen kann. Todesursache Nr. 1 in den USA - bezogen auf Minderjährige - ist demnach nicht Krebs, Verkehrsunfall oder der Sturz im Treppenhaus…. Nein. Es ist wahrscheinlicher für Jugendliche in den USA, erschossen zu werden, um auf diese Weise aus dem Leben zu gehen. In einer Gesellschaft, die angeblich alles bietet. Außer Zuwendung durch die Eltern, Liebe zu sich und anderen Menschen offenbar - und ausreichender Perspektive, durch Bildung, Wohnraum und weiteren Ressourcen. Mütter solcher Revolverhelden leben überdurchschnittlich oft in sogenannten Wohnparks, also eher wie Camper, oder Nomaden. Viele Menschen in den USA können nicht mehr klar ihre kulturelle, religiöse oder ethnische Identität erklären, während die Gesellschaft immer mehr gespalten wird - in Farbig, weiblich und arm auf der einen Seite - und weiß, männlich und bewaffnet, auf der anderen Seite. Mir ist bei diesem Gedanken klar, dass Obama und Harris hier sogenannte „Alibi-Nigger“ sein könnten, wenn ich mal sprachlich etwas deutlicher werde, als üblich. (Quentin Tarrantino tut das auch bisweilen - und Charles Bukowsky tat das auch.)
Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, habe ich mal gehört. Ist schon Jahre her. Zu jener Zeit prägten noch mutige Menschen, wie Willy Brandt und Egon Bahr die deutsche Politik. Menschen, wie z.B. Gorbatschow und Reagan, standen im Dialog. Abrüstungsabkommen und Friedensgespräche brachten unsere Erdteile näher zusammen, als es aktuell auf einem einzigen Kontinent möglich scheint. Mit dem Mauerfall schien es möglich, nicht nur die Deutsche Teilung zu überwinden. Und heute scheint mir die Mauer in den Köpfen größer, als zuvor der tatsächlich errichtete… „antifaschistische Schutzwall“.
In Deutschland hat laut dem statistischen Bundesamt deutlich mehr als jede vierte Person einen Migrationshintergrund – in Westdeutschland im Jahr 2022 etwa 31,9 Prozent und in Ostdeutschland ca. 10,3 Prozent der Bevölkerung. Bezogen auf die Bundesländer leben die meisten Personen mit Migrationshintergrund in Nordrhein-Westfalen (2022: 25,1 Prozent). Ihr Anteil an der Bevölkerung ist in Bremen am höchsten (41,7 Prozent). Von allen Personen mit Migrationshintergrund sind knapp 64 Prozent selbst eingewandert und gut 36 Prozent sind in Deutschland geboren. Etwas mehr als die Hälfte der Personen mit Migrationshintergrund sind Deutsche (51 Prozent). Mittelfristig wird sich der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund weiter erhöhen: 2022 hatten 41,6 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund. …Gleichzeitig zeigen m.E. also eben die Bundesländer, mit dem geringsten Anteil an Menschen mit Migration auch den höchsten Anteil an Wählern der sogenannten „Alternative für Deutschland“. Auch hier könnte Angst eine Triebfeder sein, irgendwelchen Gerüchten und „Ammenmärchen“ willfährig nachzulaufen, statt sich selbst eine Meinung zu bilden. In den USA ist ein Latino auch schneller erschossen, als sprachlich verstanden…
Sprachlosigkeit könnte demnach ein Merkmal für Eskalation von Gewalt sein.
Wenn also gebildete junge Menschen aus Angst vor dem Klimakollaps unserer einzigen Welt, aktiv vielleicht nicht „das Richtige“ tun, würde ich lieber mit diesen Menschen kommunizieren - und deren Sorgen ernst nehmen. Ich würde nicht nur mit einem Finger aus dem Innenministerium zeigen, dass 580 sogenannte Straftaten von der „Letzten Generation“ begangen worden sind. Ich würde vielleicht gleichzeitig aus dem Umweltministerium zeigen, dass weitaus mehr nicht benannte Straftaten möglicherweise durch Industrie und Superreiche begangen wurden, in denen Ressourcen vernichtet und Schadstoffe verklappt wurden, in den Öltanker mutwillig havarierten, Jets zum Spaß Kerosin versaubeutelt haben, und Abgase ungefiltert in die Atmosphäre gelangen, ohne eine nachhaltige globale Forstwirtschaft dagegen zu setzen.
Das aktuelle „größte Manöver der NATO“ seit ihrem Bestehen, zeigt auch Sprachlosigkeit und Angst. Jemand nutzt die Angst der politischen Elite und ihrer zum Teil schwachen Bevölkerungen, Waffen wie einen entblößten Phallus zu präsentieren, um einem anderen Alpha - hier soll es der böse Russe sein - zu zeigen, wie potent Mann ist. Es wird nicht gesprochen, ob alle Eltern dieser Welt ihre Kinder lieben. Es wird davon ausgegangen, dass nur die Waffensysteme des Bündnisses einen Frieden bewahren könnten. Mit dieser Logik kann man Frauen verprügeln, Kinder als Soldaten missbrauchen am Kongo und anderswo… darf man Messer mit in die Altstadt nehmen.
Wer eine andere Gesellschaft möchte, mit dem Wissen von Gandhi, dass nur Frieden der Weg zum Frieden sein kann; kann weder häusliche Gewalt gutheißen, noch den Besitz von Waffen in den Händen US-Amerikanischer Bürger, noch die Atomare Aufrüstung der neuen politischen Blöcke - noch tolerieren, wenn es keine adäquaten Programme für Jungs und junge Männer gibt, vergleichbar mit den sinnvollen und guten Förderprogrammen für Mädchen. Jungs und junge Männer sind in meinen Augen nicht nur einfältig, praktisch gedrillte Soldaten, die für ein System oder eine Währung in den Krieg gezwungen werden - sondern sie sind vielfältig. Genauso, wie die Mädchen und Frauen es an vielen Orten schon sein dürfen. Es muss vorbei sein, mit dem Klassenkampf - der nun nicht zu einem Kampf der Geschlechter werden darf, nur damit die in beiden Fällen wahren Schuldigen immer wieder „fein raus“ sind. Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt und es „rutscht“ auch keine Hand aus. Der Mensch versagt in dem Augenblick ganz individuell.
Bei Kriegen ist es ebenso. Da versagt die gesamte Gesellschaft. Nicht nur eine einzige Seite…
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